In der Rasenmühle zu Langensalza wurden schon im Jahre 1885 die Fabrikräume der Wollspinnerei durch Glühlampen erhellt. Der Besitzer und Direktor der Spinnerei, Herr Ernst Weiß, stammte aus einer Familie von Großkaufleuten, die immer bestrebt waren, ihre Betriebe unter Ausnutzung der besten technischen Möglichkeiten zu optimieren.
Der damals 20-jährige Ernst Weiß, gerade von der technischen Hochschule zurückgekehrt, war ein technisch sehr interessierter Mann, der u. a. schon 1884 die erste Telefonleitung in Langensalza verlegte, indem er das Geschäftshaus in der Salzstraße mit der Rasenmühle „per Draht“ verband. Die Webstühle in der Rasenmühle, die von einer Dampfmaschine über lange Wellen und Transmissionen angetrieben wurden, stellte er später auf Elektromotorenantrieb direkt am Arbeitsplatz um. Die Erzeugungsmaschinen für den Elektroenergiebedarf konnten ein Vielfaches mehr leisten, als er für seine Fabrik benötigte. Da er aber rentabel arbeiten wollte, schloss Ernst Weiß am 25. April 1896 einen Vertrag mit dem Magistrat der Stadt Langensalza ab, in welchem ihm das alleinige Recht für die Erzeugung und Verteilung von elektrischem Strom zuerkannt wurde.
In diesem Vertrag wurden die Rechte und Pflichten zwischen dem Betreiber und dem Nutzer festgeschrieben. Unter anderem wurde folgendes geregelt:
§ 3 die Bedingungen, die von der Firma Weiß in der Trassenführung zu beachten sind
§ 5 die Gewährleistung und Regresspflicht der Firma Weiß
§ 9 die Angaben über die zu erbringenden Leistungen
(so musste z. B. die Firma Weiß die Anlagen für die Stadt „um 5 % billiger bezahlen“)
§ 15 Vereinbarungen über die Straßenbeleuchtung
(Errichtung, Wartung und tägliche Reinigung war von Firma Weiß „unentgeltlich zu bewirken“).
Die wichtigste Regelung war der § 4 und die zugehörige Anlage C. Inhaltlich wird darin festgelegt, dass nach Vertragsablauf „das gesamte Leitungsnetz nebst Zubehör kostenlos in das Eigentum der Stadtgemeinde eingeht“.
In der am Stadtrand gelegenen Rasenmühlenspinnerei wurde daraufhin ein 50 kW-Gleichstromgenerator angetrieben, der am 1. September 1896 zum ersten Mal elektrische Glühlampen in den Häusern von Langensalza aufleuchten ließ.
Vier starke Kupferseile leiteten die erzeugte Elektroenergie zum errichteten Stadtwerk in der Engen Gasse, in der auch die Batterie und das Materiallager untergebracht waren. Von hier aus wurde der Gleichstrom 2 x 110 Volt per Dreileitersystem im Stadtgebiet verteilt. Mit der Planung und Baubetreuung wurde die „Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, vormals Schuckert & Co., Zweigniederlassung Leipzig” beauftragt. Herr Hermann Goldammer hatte eine so vorzügliche und umsichtige Arbeit geleistet, dass sich Herr Ernst Weiß mit Erfolg bemühte, Herrn Goldammer als Technischen Leiter zu gewinnen.
1898 erfolgte die erste Erweiterung der Erzeugung um 60 kW. Zum Einsatz kam eine besondere Dampfmaschine mit Drehstromgenerator 3 x 300 Volt. Mittels Erdkabel wurde der auf 3000 Volt hochgespannte Wechselstrom zum Stadtwerk geleitet, wo er durch einen Umformer wieder in Gleichstrom gewandelt wurde. Das errichtete Gleichstromnetz bestand aus 10 Stromkreisen. Das Freileitungsnetz wurde über Kupferkabel eingespeist, welche schon eingearbeitete Steuerleitungen besaßen, mit denen man im zentralen Schaltwerk die Spannung an den Freileitungen kontrollieren konnte.
Im Jahre 1903 wurde mit dem Ausbau der Stromerzeugung in der Engen Gasse begonnen. Zum einen, weil sich die zentrale Lage als äußerst günstig erwies, zum anderen, um die Leitungsverluste von der Rasenmühle zur Engen Gasse zu verringern.
Herr Ernst Weiß, der Gründer und Geschäftsführer, war sehr rührig. In der Zeit des industriellen Aufbruchs erkannte er, dass der Dieselmotor in seiner Handhabung wesentlich einfacher war als eine Dampfmaschine. Auf der Leipziger Messe kaufte er einen 2 x 70 PS-Dieselmotor (Baujahr 1903) und erzeugte mit ihm über einen Generator Gleichstrom. 1909 und 1915 wurden zwei weitere Dieselmotoren vom Typ DM 3 x 70 mit 210 PS und Typ B3V 68 mit 375 PS aufgebaut. Mit diesen drei “riesigen” Motoren betrug das elektrische Leistungsvermögen im Jahr 1915 stolze 530 kW.
Die Stromerzeugung in der Rasenmühle wurde nach dem 1. Weltkrieg eingestellt und die Rasenmühle verkauft. Gleichzeitig erfolgte der weitere Ausbau der Erzeugung im Elektrizitätswerk (E-Werk) Enge Gasse. Im Jahre 1920 installierte man eine Lokomobile, Baujahr 1914, mit einer elektrischen Leistung von 150 kW, welche sehr betriebssicher bis zum Jahre 1949 arbeitete. Im Dezember des Jahres 1925 betrug der elektrische Leistungsbedarf 480 kW, das Leistungsvermögen betrug 680 kW. Bei Ausfall des größten Dieselmotors war eine Vollversorgung nur möglich, wenn die vorhandene Batterieanlage mit 1000 Amperestunden zugeschaltet wurde. Im Normalbetrieb war sie nur in den Nachtstunden zugeschaltet.