Geschichte der Breitbandversorgung

Mitte der 1990er Jahre begann das Internet rasant zu wachsen. Durch erste kommerzielle und Multimedia-Angebote sowie Chat-Dienste bekam das World Wide Web auch von der breiten Bevölkerung immer mehr Beachtung. Der anhaltend steigende Datenhunger war durch die damals verbreiteten Internetzugänge über Analog-Modem und ISDN-Anschluss kaum zu bewältigen. Die Lösung hieß digitaler Teilnehmeranschluss = Digital Subscriber Line (DSL).

Bis Juli 2004 war DSL ausschließlich bei der Deutschen Telekom erhältlich. Erst danach war es auch anderen Anbietern möglich, DSL-Anschlüsse unter eigenem Namen zu vermarkten. Der Wettbewerb der DSL-Anbieter auf dem Telekommunikationsmarkt verstärkte sich, wodurch die Preise sanken und die Kundenzahlen wuchsen.

2009 – zehn Jahre nach Schaltung der ersten DSL-Anschlüsse in Deutschland – surften mehr als 20 Millionen Haushalte in Deutschland mit DSL. Gleichzeitig vervielfachte sich das Volumen auf den Datenautobahnen. Ein Trend, der sich in den kommenden Jahren durch Videodienste und die immer populärer werdenden sozialen Netzwerke weiter fortsetzte. In Deutschland profitieren insbesondere Ballungsräume vom schnellen Breitband-Internet via DSL und Glasfaser. Trotz des fortschreitenden Bedarfs waren weite Teile Thüringens immer noch unterversorgt. Das betraf auch Bad Langensalza und vor allem seine Ortsteile. Hier war entweder gar kein DSL-Anschluss realisierbar oder nur sehr langsames Internet per DSL möglich. Ein Zustand, der sich auf absehbare Zeit nicht ändern sollte.

Zu dieser Zeit beschäftigte sich die Stadtwerke Bad Langensalza GmbH (SWL) und die NETZE Bad Langensalza GmbH (NETZE) mit diesem Geschäftsfeld. Zwar gab es bis zu diesem Zeitpunkt keine nennenswerten Erfahrungen im Bau und Betrieb von Glasfasernetzen, aber das Konzept und der feste Wille, dieses Geschäftsfeld zu besetzen, überzeugte die Gesellschafter der Unternehmen.

Als Netzbetreiber für Elektrizitäts- und Gasverteilnetze bringt die NETZE die besten Voraussetzungen für den Bau und Betrieb der Glasfaserinfrastruktur mit. Die SWL, welche bereits als vertrauenswürdiger Vertriebspartner vor Ort bekannt ist, sollte als Vertriebspartner fungieren, jedoch keine eigenen DSL-Produkte anbieten. Somit wurde ein Partner für die Breitband-Aktivtechnik und ein DSL-Produktanbieter gesucht. Diese Partner wurden in der Thüringer Netkom GmbH (Netkom) aus Weimar und der EncoLine GmbH (EncoLine) aus Gera gefunden.

Bereits am 3. November 2010 schlossen die vier Vertragspartner eine Vereinbarung, in der [Auszug] „die Stadtwerke und die EncoLine unter Nutzung der Glasfaserinfrastruktur der NETZE und der Aktivtechnik der Netkom in den Breitbandausbaugebieten in der Stadt Bad Langensalza einschließlich der eingemeindeten Ortsteile sowie der umliegenden Orte vertrieblich zusammenarbeiten“. Mit dieser Vertriebsvereinbarung wurde der Grundstein gelegt, der sich zu einer echten Alternative als DSL-Anbieter entwickeln sollte.

Das technische Erschließungskonzept sah zu Beginn vor, mit einer neu zu verlegenden Glasfaserleitung in den Ort zu gelangen und dort in räumlicher Nähe zum Kabelverzweiger (KVz) der Telekom einen Digital Subscriber Line Access Multiplexer (DSLAM) als Teil der Netkom-Aktivtechnik zu errichten. Dieser DSLAM empfängt die Lichtsignale und wandelt diese in elektrische Signale, die dann über die vorhandene kupferbasierte Doppelader, der Telefonanschlussleitung (TAL) zum Endkunden – der so genannten „letzte Meile“ – gelangt.

Doch aller Anfang war schwer, denn vor Beginn des Breitbandausbaus musste jeder Ort eine Anschlussquote von mindestens 50 % erfüllen, um die Wirtschaftlichkeit des Geschäftsmodells sicherzustellen, da keine Fördermittel für dieses Projekt verfügbar und die Förderregularien nicht optimal austariert waren.

Im März 2011 wurden in Thamsbrück, Schönstedt, Waldstedt, Zimmern, Grumbach und Wiegleben Anwohnerversammlungen durchgeführt, in denen die EncoLine und die NETZE ausführlich das technische Erschließungskonzept für den jeweiligen Ort erläuterten und Auskunft zu den angebotenen DSL-Produkten und Preismodellen gaben. Im selben Jahr wurden ca. 30 km Glasfaser verlegt und bereits die ersten Kunden über die neuen DSLAM versorgt.

2012 folgten Großwelsbach, Merxleben, Illeben, Eckardtsleben und Aschara. Weitere 22 km Glasfaser wurden in Betrieb genommen. Darüber hinaus konnten fast alle Unternehmen im Gewerbegebiet Nord angeschlossen werden. Das war nötig, da gerade dort der Bedarf enorm hoch war und kein anderer DSL-Anbieter die Anforderungen der Unternehmen erfüllen konnte.

2013 wurden weitere 13 km Glaserfaserleitung für die Orte Nägelstedt und Burgtonna verlegt. Bereits 3 Jahre nach dem Start des neuen Geschäftsfeldes waren 13 Orte erschlossen und eine Ringnetzstruktur entstand rund um die Kernstadt, Ufhoven und Henningsleben.

Die Kernstadt Bad Langensalza, Ufhoven und Henningsleben selbst fühlten sich zu dieser Zeit nicht „unterversorgt“ und die Nachfragen nach höherwertigen DSL-Angeboten waren noch verhalten. Eine 2011 durchgeführte Anwohnerversammlung in Ufhoven und Henningsleben bestätigte das.

Erste Erschließungsarbeiten mit Glasfaser wurden jedoch bereits 2012 in den Wohngebieten „Nord“ und „Süd“ in der Kernstadt Bad Langensalza durchgeführt. Dem vorausgegangen waren auslaufende Verträge zwischen einer Kabel-TV-Gesellschaft und den Wohnungsbaugesellschaften in Bad Langensalza zum Ende 2012. Die Kabel-TV-Gesellschaft wollte das eigene kupferbasierte KOAX-Leitungsnetz weiterbetreiben und bot entsprechend neue Verträge an. Ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen nahm Kontakt zur NETZE auf, um potentielle Glasfaserhausanschlüsse für die zu versorgenden Objekte anzumieten. Infolgedessen konnte diese Gesellschaft auch höherwertige multifunktionale IP-TV-, Telefonie- und DSL-Produkte anbieten. Die Vertragsverhandlungen zogen sich bis in die zweite Jahreshälfte hinein. Letztendlich entschieden sich zwei der drei Wohnungsbaugesellschaften für die zukunftsweisende Variante. Innerhalb von 14 Wochen errichtete die NETZE bis Jahresende die Glasfaserinfrastruktur in beiden Wohngebieten mit 4 Verzweigerpunkten (VzP) und insgesamt 95 Hausanschlüssen in Fiber to the Building (FTTB). Diese Herausforderung sollte jedoch noch nicht die letzte sein.

Das Interesse der Anwohner der Kernstadt und aus Ufhoven nach DSL-Produkten stieg – durch die Erfahrungsberichte der Bewohner der bereits erschlossenen Ortsteile – nun zunehmend. 2015 ergab sich die Möglichkeit, sich im Rahmen der Vectoringerschließung für den Netzausbau eines Ortsnetzes zu bewerben.

Kaum ein Netzthema wurde so kontrovers diskutiert, wie das Vectoring. Vectoring ist eine VDSL (Very High Speed Digital Subscriber Line)-Technik, die in Kupferkabeln höhere Übertragungsraten als mit dem herkömmlichen ADSL ermöglicht. Der Nachteil ist jedoch, dass Vectoring immer nur von einem Anbieter pro KVz genutzt werden kann.

Trotz dieser Re-Monopolisierung hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) dieser Technik zugestimmt und ein Portal eingerichtet, in dem sich Interessenten für den Vectoringausbau bewerben konnten. Hatten sich mehrere Interessenten für einen KVz registriert, entschied das frühere Eintragungsdatum über die Vergabe. Mit der Eintragung stimmte der Interessent – bei einer Vergabezusage durch die Behörde – gleichzeitig einer verbindlichen Investitionszusage innerhalb der nächsten 12 Monate zu. Bei Überschreitung der Frist war eine Pönale zu zahlen. Für bereits mit einem DSLAM erschlossenen KVz bestand bis 2017 ein Bestandsschutz. Auf diese Weise konnten Wettbewerber an den KVz, die sie bereits mit Glasfaser angebunden hatten, selbst Vectoring einsetzen. Problematisch war jedoch, dass ein Wettbewerber den Rückbau verlangen konnte, wenn er die mehrheitliche Anzahl der KVz des Ortnetzes mit Vectoring ausgebaut hatte.

Aus dieser gegebenen Gesamtsituation heraus, haben die Kooperationspartner eine Risiko-/ Chancenbewertung durchgeführt. Mit Blick auf die bevorstehende Erschließung der Ortsteile Henningsleben und Ufhoven, aber auch zur Sicherung der bereits erfolgreich ausgebauten Glasfaserinfrastruktur in 13 Orten, war eine weitere Investition in die Erschließung der Kernstadt unumgänglich.

Die Bewerbung zum Vectoringausbau für 56 KVz! erfolgte im November 2015 für die Kernstadt, Ufhoven und Henningsleben. Mit der verbindlichen Zusage der BNetzA im selben Monat war die nötige Planungssicherheit gegeben.

Am 19. April 2016 wurde ein weiterer Vertrag über die Bereitstellung einer Glasfaserkabel-infrastruktur zwischen der NETZE und der Netkom geschlossen. Mit diesem Vertrag wurde zum einen der bestehende Vertrag gefestigt und zum anderen die fortschreitende DSL-Entwicklung vorausschauend geregelt. Zeitgleich schlossen die SWL und die Netkom einen Vertriebspartnerschaftsvertrag, in dem die lokale Vertriebspräsenz neu geregelt wurde.

Bis November 2016 wurden allein in der Kernstadt weitere 15 km Glasfaser verlegt und die 56 KVz wurden fristgerecht erschlossen. Damit war eines der wichtigsten Ziele in dem noch jungen Geschäftsfeld erreicht. Das gesamte Stadtgebiet Bad Langensalza ist mit einer durchgängig glasfaserbasierten Breitbandversorgung erschlossen. Ein echter Kraftakt!

Am 18. März 2016 wurde in der Anwohnerversammlung in Großwelsbach der bevorstehende Trink- und Abwasserleitungsbau vorgestellt. In Koordination zu der geplanten zweijährigen Baumaßnahme wollten die NETZE das Freileitungsortsnetz verkabeln. Die Bürger nahmen das wohlwollend zur Kenntnis, da das die Qualität des Ortes deutlich verbessern würde. Die Frage der Einwohner, ob die Telekom-Freileitung auch verkabelt würde, musste auf Grund der abgegebenen Stellungnahme der Telekom verneint werden. Die Enttäuschung darüber dauerte jedoch nur kurz, denn die Frage, warum die NETZE das nicht machen können, stieß nicht auf Ablehnung. Am selben Abend entschlossen sich die Einwohner Glasfaseranschlüsse von der NETZE bis ins Haus legen zu lassen.

Die Großwelsbacher haben – eher unbewusst – zur Weiterentwicklung des Glaserfaser-Geschäftsfeldes der NETZE beigetragen. Die NETZE gründeten daraufhin eine eigene Abteilung „Steuermeldekabel“, die sich das Wissen und die Montagekenntnisse aneignete und die Ausstattung erwarb, um Glasfaserortsnetze und -Hausanschlüsse zu planen und zu errichten. Somit können die NETZE jetzt die „letzte Meile“ in Glasfaser anbieten und alle Montagearbeiten in diesem Geschäftsfeld mit eigenen Monteuren durchführen.

Seit 2018 ist Großwelsbach der erste Ort mit einem kompletten Glasfasernetz. Dem Beispiel folgten 2019 der Ortsteil Henningsleben und 2020 die Ortsteile Grumbach und Eckardtsleben.

Am 3. September 2018 wurde die EncoLine GmbH auf die Thüringer Netkom GmbH verschmolzen, so dass die Netkom als Gesamtrechtsnachfolger alle Rechte und Pflichten der Verträge – auch den Kunden gegenüber – übernommen hat.

Am 19. September 2018 schloss die NBL mit der Stadt den Vertrag zur W-LAN-Nutzung. Das Projekt: „W-LANgensalzaist geboren und sorgt durch den Aufbau eines WLAN-Netzes für den kostenlosen öffentlichen WLAN-Empfang für die Einwohner und Gäste der Stadt. Hierzu wird das bestehende Glasfasernetz der NBL genutzt und um WLAN-Hotspots ergänzt. In der ersten Ausbaustufe wurden 35 WLAN-Hotspots an ausgewählten Standorten errichtet. Zudem hat die Stadt damit die Möglichkeit einer schnellen Datenübertragung innerhalb dieses zusammen-hängenden WLANs zur Vernetzung von Smart-City-Anwendungen erhalten.

FAZIT

Durch die Kooperation der NETZE, SWL, Netkom und EncoLine wurde eine einmalige Breitbandinfrastruktur und Angebotspalette geschaffen, um die Einwohner und Gäste der Stadt Bad Langensalza mit ihren Ortsteilen sowie Nachbargemeinden bestmöglich zu versorgen. Der Ausbau erfolgte ganz ohne Fördermittel, da alle bisher aufgelegten Förderprogramme dieser gesamtheitlichen Breitbandstrategie einfach nicht folgen konnte.

Heute – 10 Jahre nach Eröffnung des neuen Geschäftsfeldes und Vertragsabschlusses – betreibt die NBL ein 168 km reichendes Glasfaser- und Steuermeldekabelnetz, es wurden 76 DSLAM errichtet und zu Multifunktionsgehäusen (MFG) ausgebaut. Das Netzgebiet erstreckt sich über das gesamte Stadtgebiet von Bad Langensalza sowie die Gemeinden Schönstedt, Burgtonna und Kleinwelsbach. Zudem wurden 35 Ortsverteilgehäuse aufgebaut und eine Ortsnetz-Leerrohrinfrastruktur mit ca. 550 Leerrohranschlüssen bis ins Haus verlegt, von denen bereits 230 Glasfaserhausanschlüsse eingeblasen und montiert worden sind.

Zu Beginn der Erschließung war der 16 Mbit/s-Tarif das meistgewählte Produkt in unserem Netzgebiet. Gegenwärtig entscheiden sich die meisten Kunden für einen 50 Mbit/s-Tarif. Neben dem Preis-Leistungsverhältnis ist der Bedarf an Bandbreite durch neue mobile Zugangstechniken, M2M-Kommunikation und Echtzeit-Anwendungen entscheidend und stetig wachsend.

Inzwischen ist in Bad Langensalza eine technische Erweiterung vorgenommen worden, so dass in Abhängigkeit von der Länge und der Qualität der Kupferleitung nicht nur 100 MBit/s sondern bis zu 250 MBit/s den Endkunden im Download zur Verfügung gestellt werden können.

Bis 2025 wird erwartet, dass der Bedarf für einen deutschen Haushalt im Download zwischen 500 und 1.000 MBit/s und im Upload zwischen 300 und 600 MBit/s liegt. Diese Datenraten erreicht man zuverlässig nur mit einem Glasfaser-Anschluss, den die NBL in Eigenleistung bauen kann.

Durch die Vertriebspartnerschaft der SWL haben die Einwohner der Stadt Bad Langensalza und des Umlandes kurze Wege und können sich im Kundencenter beraten lassen, Fragen klären und Verträge abschließen.