Am 1. April 1923 wurden zu den Stadtwerken zusammengeschlossen, die bis dahin unter Einzelleitung stehenden Werke:
• Gaswerk
• Wasserwerk
• Kanalwerk
Und diese drei Werke hießen anfangs “Städtische Betriebswerke”, später “Stadtwerke”. Am 1. April 1933, genau 10 Jahre später, kam das Elektrizitätswerk hinzu, welches bei dahin der Firma Weiß gehörte.
Bis zum Jahr 1939 waren rd. 24,5 km Hauptrohrleitung etwa 8,5 km Hausanschlussleitungen verlegt worden. Es gab 1.502 Gasabnehmer und 1.716 Gasmesser. Die Zahl der Gasabnehmer war in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Darin spiegelt sich die allgemeine Beliebtheit des Gases wieder. Die Vorteile lagen auf der Hand. Gas war sauber, man hatte keine Asche und das Kochen ging schneller. Für Bewohner mit geringem Einkommen wurden Gasautomaten zur Verfügung gestellt. Man warf einen Groschen in den Münzzähler und das Gas brannte. Laut Geschäftsbereicht der Stadtwerke Langensalza betrug die Gasabgabe 1938 an Privathaushalte 316.796 m³, an die Gewerbetreibenden 64.337 m³ und an die Straßenbeleuchtung 160.253 m³. Zu jener Zeit waren die Stadtwerke der Anlaufpunkt, wo die Bevölkerung elektrischer Herde, Kochplatten, Kühlschränke, Heißwasserspeicher, Gasherde, Kocher und Heißwassergeräte käuflich erwerben konnte.
1827 hatte man begonnen, vor den Toren Langensalzas auf der Kirchheilinger Höhe Bohrungen bis 1.100 Metern Tiefe auszuführen. Damals war man nicht zufrieden, als man statt des erhofften Erdöls Erdgas fand. Der Konzern unterließ, auf dessen Veranlassung die Bohrungen durchgeführt wurden, die Verwertung des neuentdeckten Bodenschatzes, da er mit dem Fund nichts anzufangen wusste. Jahrelang geschah nichts, um das wertvolle Geschenk der Erde zu nutzen.
Schon während der Kriegsjahre drohte die Gasversorgung in der Stadt Langensalza wegen totalem Verschleiß der Anlage und Mängel an der Zulieferung der Kohle zusammenzubrechen. 1944 wurde kein Gas mehr an Privathaushalte für Heizungszwecke ausgeliefert. Da entsann man sich der ungenutzten Erdgasquellen. 1946 wurde von der amerikanischen Kriegsverwaltung die Genehmigung erteilt, die Erdgassonden zu öffnen. 3000 m³ Gas konnten täglich gefördert werden, so dass außer den Einwohnern von Langensalza auch noch andere Großabnehmer davon schöpfen konnten. Man begann lebenswichtige Betriebe wie Bäckerei und Fleischereien auf Gasfeuerung umzustellen. Damit hatten die Langensalzaer gegenüber anderen Gemeinden einen großen Vorteil, denn in den harten Nachkriegsjahren herrschte anderenorts wegen des permanenten Kohlemangels in den Wintermonaten große Not.
Ab März 1946 war eine relativ vollständige Versorgung in der Stadt möglich. Schon während der Kriegsjahre wurden von den beiden Kirchheilinger Sonden eine Hochdruckleitung bis zu einem im Rohbau fertig gestellten Gebäude verlegt, welches in der Nähe des ehemaligen Bahnhofes von Merxleben stand. Dieses Gebäude war für eine Abfüllstation für Flaschengas und Treibgas für Kraftfahrzeuge mit drei Kompressoren vorgesehen. Nach dem Krieg wurde dieses Objekt nicht weiter geführt. Um das Erdgas von dieser Stelle zum Gaswerk zu befördern, wurde ein Lastanhänger mit mehreren fast montierten Hochdruckflaschen mit je einem Inhalt von etwa 1,5 bis 2,0 m³ (Flaschenwagen) beschafft. Die aufgebauten Hochdruckflaschen wurden aus der Hochdruckleitung von Merxleben mit Erdgas gefüllt und der Anhänger mit einem Traktor zum Gaswerk Langensalza transportiert. Der Inhalt der Gasflaschen gelangte unter Zusatz von Luft in die beiden vorhandenen Gasometer und von dort in das Stadtnetz von Langensalza. Das Füllen und Entleeren sowie der Transport der Gasflaschen bereitete erhebliche Schwierigkeiten und war nur als Übergangslösung gedacht. Es wurde eine Niederdruckleitung von Merxleben bis zum Gaswerk Langensalza verlegt.
Regleranlagen stand zu der damaligen Zeit nicht zu Verfügung, so dass die Druckminderung von der Hockdruckleitung aus den beiden Sonden mit etwa 60-80 atü auf die Leitung zum Gaswerk mit etwa 5-7 atü per Hand mit einem normalen Absperrventil erfolgte. Der Druck wurde mit einem Manometer an der Leitung abgelesen. Je nach Höhe des Gasverbrauchs in der Stadt, musste das Handventil mehr oder weniger gedrosselt werden. Dazu war ein provisorisch hergerichteter Raum im Rohbau der Übergangsstelle fast ständig mit einem Mann besetzt, der anhand der Manometeranzeige das Regelventil betätigte. Ein Feldfernsprecher sorgte für die nötige telefonische Verständigung zwischen Regelposten und dem Personal des Gaswerkes. Die weitere Regulierung zum Füllen der Gasometer und der entsprechende Luftzusatz zum Erdgas erfolgte dann im Gaswerk. Das Gasgemisch bestand etwa aus 65% Methan. Der Zusatz von Luft zum Erdgas war erforderlich, um den Heizwert von Erdgas mit etwa 10.000 kcal/m³ auf etwa 5.000- 6000 kcal/m³ zu reduzieren.
Alle Gasgeräte der Gasabnehmer waren auf das normale Stadtgas mit einem Heizwert von 3.800- 4.000 kcal/m³ abgestimmt. Als weiteres Kuriosum muss erwähnt werden, dass die Sonden auf der Kirschheiliger Höhe nicht nur Erdgas lieferten, sondern auch zeitweise sauberes Benzin zu Tage förderten. Dieses wurde dann über einen normalen Absperrhahn vom Gaseingangsbehälter im Gaswerk in einen bereitstehenden Flüssigkeitsbehälter abgelassen und von da in bereitliegende Benzinfässer abgefüllt. Die Benzinmenge war zeitlich und mengenmäßig gesehen sehr unterschiedlich. Wochenlang trat kein Benzin zu Tage und dann mussten zeitweise schlagartig10-20 Benzinfässer abgefüllt werden. Um das Benzin ordnungsgemäß zu lagern, wurde im Elektrizitätswerk eine unterirdische Tankanlage mit oberirdischen Zapfsäulen errichtet. So wie das Benzin aus der erde kam, konnte es ohne weitere Aufbereitung in die Kraftfahrzeuge mit Vergaserbetrieb getankt und verbraucht werden.
Über die nicht zu unterschätzende Gefahr, welche eine Gasförderung mit sich bringt, wird in einem Artikel der Zeitung “Das Volk” vom 27. Juli 1959 berichtet:
STARKE GASERUPTION BEI MAROLTERODE
Schlotheim (DV) Am Sonnabendmorgens gegen 6.30 Uhr erfolgte an einem Bohrturm des BEB Erdöl/Erdgas kurz hinter der Ortschaft Marolterode eine starke Gaseruption. Seitdem schießt unter ohrenbetäubendem Getöse eine hohe Gasfontäne aus dem Bohrloch. Dank dem besonnenen und schnellen Eingreifen der Kumpel und leitenden Ingenieure an der Gefahrenstelle kamen keinerlei Menschen zu Schaden. Die Stärke der Eruption machte jedoch besondere Schutzbestimmungen notwendig. So musste unter anderem, die Fernverkehrsstraße 84 zwischen Ebeleben und Kirchheilingen vorübergehend gesperrt werden. Um allen unvorherzusehenden Folgen und Schwierigkeiten vorzubeugen und die Sicherheit der Bevölkerung der umliegenden Ortschaften unbedingt zu gewährleisten, wurden unverzüglich umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet. Unermüdlich sind seit Sonnabend früh Einheiten der Volkspolizei, der Nationalen Volksarmee und der Feuerlöschpolizei sowie zahlreiche Angehörige der freiwilligen Feuerwehren verschiedener Gemeinden der Kreise Mühlhausen und Sondershausen und freiwillige Helfer des Deutschen Roten Kreuzes in pausenlosem Einsatz. Fast aus dem gesamten Bezirk sind Sozialfahrzeuge der Feuerlöschpolizei dorthin beordert worden.